Vom Lachen der Anderen und dem naturnahen Garten
Ja, dass soll so sein und ja wir lassen die Wildkräuter bewusst auf dem Beet liegen. Und Nein, wir sind nicht faul….
Vielleicht kennt Ihr das? Wer einen naturnahen Garten pflegt, wird häufig mit den immer selben Ansichten konfrontiert. Denn in Deutschland ist es weit verbreitet, einen akkuraten Garten sein Eigen zu Nennen. Der Rasen muss Top sein und das Blumenbeet immer frei von Unkräutern. Denn die, sind ja sowieso die Pest.
Zweifellos, es gibt Wildkräuter oder Gräser, welche die anderen Pflanzen bedrängen und regelmäßig entfernt werden sollten. Da fällt mir spontan das Klettengras ein, welches uns arg beschäftigt und deshalb nicht auf dem Beet liegen bleibt. Viele Wildkräuter können aber wunderbar als Mulchmaterial, Bodenschutz und Schneckenfutter verwendet werden. Wir haben gerade jetzt, wo es sehr feucht in unserer Region ist, festgestellt, dass die umliegenden Wildkräuter gut als Ablenkungsmanöver fungieren. Unsere Gemüse- und Beetpflanzen werden nur geringfügig von Schnecken attackiert. Und unsere Erdkröte im Hügelbeet wird sicher auch Ihren Beitrag leisten 😉 Wir sind der Überzeugung, dass es natürliche Methoden gibt, seinen Garten zu stärken und von den Abläufen, Abhängigkeiten und Verhaltensmuster der Natur zu lernen und zu profitieren.
Die aufgeräumte Sicht der Dinge
Andere haben auf den Garten eine anthropozentrische Sichtweise. Sie stellen sich ein Ideal vor. Träumen von Linien, Quadraten, Fußballrasen und Perfektion. Ähnlich wie es in vielen Schlossparks zu bestaunen ist. Sie haben eigentlich kein Interesse für Zusammenhänge und den Wundern der Natur. Sie machen es sich leicht und ackern blind vor sich hin. Für das eingefahrene Bild im Kopf. Ja, sie sind fleißig. Aber was genau ist die Leistung? Ein kurz geschorener Rasen ohne Beikräuter. Sterile Ordnung. Exotische Pflanzenzüchtungen. Giftspritzen gegen jeden Störenfried, der Ihr Ideal in Frage stellt. Natur ja, aber nur nach ihren Bedingungen. Es gibt keinen Handlungsspielraum. Veränderungen sind schädlich. Kaum Kompromissbereitschaft. Manchmal frage ich mich woher diese selbstauferlegte Einengung stammt…? Warum ist der naturnahe Garten so eine verrückte Vorstellung?
Die Bienen sind auch fleißig, heißt es im Volksmund. Was genau ist Ihre Leistung? Sie bestäuben Pflanzen und erhalten dafür Nektar. Es ist ein Geben und Nehmen. Sie schaffen neues Leben und sichern so das Überleben vieler Pflanzen. Durch diese wichtige Arbeit entsteht ein Großteil unserer Nahrung, die uns wiederum am Leben hält. Ein menschliches Leben ohne Hummeln, Honigbienen und Wildbienen ist nicht wirklich vorstellbar.
Warum also nicht den Blick öffnen? Und den fleißigen Helfern etwas zurückgeben. Viele andere Gartenbewohner erfüllen ebenfalls eine wichtige Aufgabe im großen Gefüge und haben mehr Berücksichtigung in der Gartenplanung verdient.
Der Kopf ist rund, um die Gedanken kreisen zu lassen
Die Veränderung ist eine mentale Übung. Das Bild im Kopf zu hinterfragen. Sich aus den Fängen der eingeschränkten Sicht zu lösen. Gefallen an anderen Bildern zu bekommen. Ästhetik in vielen Dingen zu finden. Die Schraube zu lockern. Die Gedanken kreisen zu lassen. Die Perspektiven zu wechseln.
Dies hier soll kein Angriff auf “konventionelle“ Gärten sein. Ganz im Gegenteil. Es soll eine Anregung liefern, auch mal etwas zu wagen, auszuprobieren und die Natur in den Arm zu nehmen. Sie nicht ständig als Feind zu betrachten. Im Übrigen sind Naturgärten auch konventionelle Gärten.
Jeder soll nach seiner Façon gärtnern. Es ist auch schön, dass die Gärten so verschieden sind. Jedoch nicht auf Kosten der Tiere, Pflanzen, Bodenvitalität etc. Denn viele reagieren kurzfristig und übereilt auf Veränderungen im Garten, die Ihrer Vorstellung widerstreben. Und so werden Düngemittel, Blaukorn und Giftsubstanzen ausgebracht, verbunden mit der Hoffnung ihr Ideal zu erreichen. Doch das ist ein Trugschluss. Eine Falle. Geldverschwendung. Das Gartencenter reibt sich die Hände und das Ideal wird nur selten erreicht. Je mehr chemische Helferlein zum Einsatz kommen, desto mehr müssen andere Pflanzen gestärkt und mit Nährstoffen versorgt werden. Der Aufwand wird immer größer und die Anfälligkeit der Lebewesen im Garten steigt. Und für wen das Alles? Nur für das eigene Bild. Die Natur profitiert davon nicht. Die Qualität des Lebensraumes nimmt ab. Die Artenvielfalt geht zurück. Langeweile hält Einzug…
Wie gärtnern wir?
Unser naturnaher Garten ist ein Kompromiss. Eine Übereinkunft mit den Untermietern dort. Wir hinterlassen Spuren. Klar, wir haben ja auch Vorstellungen und Bedürfnisse. Gleichzeitig versuchen wir uns aber nicht wie ein Elefant im Porzellanladen zu verhalten. Wir gestatten den anderen Lebewesen auch Spuren zu hinterlassen und versuchen bestimmte von Ihnen bewusst zu fördern. Artendiversität ist uns wichtig.
Wer nun denkt, solch ein naturnaher Garten ist pflegeleicht und für den Müßiggänger gedacht, der täuscht. Denn mit dem “Unkraut“ hat man vielleicht hier und da weniger Arbeit. Und wilde Bereiche müssen weniger gepflegt werden. Im Gegenzug setzen wir uns aber verstärkt mit Zusammenhängen auseinander. Wir studieren Bücher, lesen Artikel und probieren aus. Wir informieren uns über die heimische Natur. Denken strategisch. Legen Lebensräume an und betrachten den Garten umfassender…
All das bedeutet am Ende in etwa denselben Aufwand. Aber wir verzichten auf Gifte und versuchen verschiedene Tiere und Pflanzen zu etablieren. Somit schaffen wir bei gleichem Aufwand, Werte für Mensch und Natur. Eine Win-Win Situation also…
Ich denke, das ist das beste Argument für einen naturnahen Garten.
Was denkt Ihr?
Habt Ihr ähnliche Erfahrungen gemacht?
Oder findet Ihr, dass ich übertreibe?
Schreibt uns gerne Kommentare. Wir sind auf Eure Meinung gespannt…
Ein sehr schöner Text, der mir aus der Seele spricht ♥️☀️👍Dankeschön für Dein Plädoyer für naturnahe Gärten und die Offenheit für Anderssein und für den Erhalt bzw den Schutz der Artenvielfalt 😘