Die Schnecken kriechen wieder
Es kriecht und schleimt wieder an allen Ecken des Gartens. Nachdem sich die Nacktschnecken bisher eher zurückgehalten haben, scheinen sie sich im Moment explosionsartig zu vermehren. Manchmal habe ich den Eindruck, sie können sich klonen oder duplizieren. Auf dem großen Mischkulturbeet waren (auch nach der explosionsartigen Vermehrung) eher wenig Schnecken und ich konnte auch wenig angefressendes Gemüse finden. Auf einem kleineren Beet umgeben von „Wildnis“ sieht das schon ganz anders aus.
Dort wimmelt es nachts von braunen und roten Schnecken. Es sind dann teilweise so viele, dass ich sie nicht zählen kann. Obwohl ich von diesem kleinen Beet nur fünf Erdbeeren essen konnte, bringe ich es nicht übers Herz die Tiere zu ermorden. Daher kommen Schneckenkorn, Zerschneiden, fangen-und-dann-ermorden, Salzfolter, Bierfallen oder ähnliche Tötungsmethoden für mich nicht in Frage. Schneckenzäune, Schutznetze oder andere Barrieren sind mir einfach zu teuer und haben sich in der Praxis auch nur bedingt bewährt. Daher bleibt nur noch die Option andere für mich arbeiten zu lassen. Ich biete Wohnraum und im Gegenzug wird die Schneckenpopulation in verträglichen Dimensionen gehalten. Denn Schnecken erfüllen auch eine Aufgabe als Gesundheitspolizei. Der Tigerschnegel (limax maximus) sollte nach der Meinung vieler Gartenfreunde ebenso willkommen geheißen werden.
Der Tigerschnegel
Vor kurzem ist mir auf einem nächtlichen Streifzug der Tigerschnegel (limax maximus) begegnet. Neben den sehr häufig anzutreffenden braunen und roten Schnecken, zeigt sich diese Nacktschnecke im gestreiften oder gepunkteten Outfit. Sie gehört nicht, wie die spanische Wegschnecke (arion vulgaris) oder die rote Wegschnecke (arion rufus) zur Familie der Wegschnecken (Arionidae), sondern zur Familie der Schnegel (Limacidae). Das ist ein wichtiger Unterschied.
Schnegel oder Wegschnecke?
Schnegel haben einen Rückenkiel. Dabei handelt es sich um eine mehr oder weniger sichtbare Kante,die sich von der Schwanzspitze bis zur Mitte des Rückens zieht. Wegschnecken fehlt dieser Kiel. Ein weiteres äußerliches Merkmal ist das Atemloch. Dieses Befindet sich bei den Wegschnecken eher im vorderen Bereich des Mantelschildes. Bei Schnegeln hingegen befindet es sich im hinteren Teil des Mantelschildes. Weiterhin erscheinen Schnegel schlanker und eleganter als die Wegschnecken. Nicht sichtbar ist, das Schnegel unter dem Mantelschild noch ein Rudiment ihrer Vorgänger tragen. Dort befindet sich ein kleines Kalkplättchen, welches als Schutz für die inneren Organe dient. Bei Wegschnecken befinden sich unter dem Mantelschild nur noch vereinzelte Kalkreste.
Aus dem Leben eines Schnegels
Der Tigerschnegel kann bis zu 20 cm groß werden und ist streng nachtaktiv. Sonne mag er nicht. Den Tag verbringt er dann unter allerlei Sachen wie Steinen, Holzhaufen, Steinritzen, in feuchten Kellern oder auch „Müll“. Ich konnte vor Kurzem drei Exemplare auf unserer Terrasse unter/in einem leeren Farbeimer finden.
Das es Tigerschnegel unordentlich mögen, habe ich auch schon festgestellt. Bisher konnte ich sie nur im hinteren „wilden“ Teil des Gartens bei meinen nächtlichen Streifzügen beobachten. In diesem Teil des Gartens laden wir die unerwünschte Beivegetation ab, dort liegen Holzreste, Steine und alte Äste und man kann unter das Fundament des Hauses kriechen (also als Schnecke). Auf der Zaunseite des Nachbarn sieht es in dieser Ecke des Gartens ähnlich aus. Limax maximus bewegt sich in einem Umkreis von 90 cm um sein Tagesquartier, das er wiederholt aufsucht und zu dem er durch Geruchsreize zurückfindet.
Aggressives Verhalten
Des Weiteren kann er in Ermangelung an Nahrung und Nistmöglichkeit äußerst aggressiv gegenüber anderen Schnecken werden. Dann verteidigt er seinen Schlafplatz durch Bisse, die äußerst heftig und auch tödlich für einige Schnecken enden können.
Die Nähe zum Menschen und seine Heimat
Er ist ein Kulturfolger, der von der Nähe des Menschen profitiert und teilweise an ihn gebunden ist. Man geht heute noch davon aus, dass er ursprünglich aus West-und Südeuropa stammt. Es handelt sich also um einen Neozoon. Inzwischen hat er sich über die ganze Welt bis nach Australien, Neuseeland, Nord- und Südamerika wie auch Südamerika verbreitet.
Der Tigerschnegel als Hoffnungsträger
In zahlreichen Blogs, Gartenratgebern und Garten-Foren wird der Tigerschnegel für seinen Hunger nach Schnecken und ihren Eiern regelrecht gefeiert.In der Literatur, die ich gelesen habe, waren die Autoren, was den Schneckenhunger des Tigerschnegels betrifft, eher zurückhaltend. Er ernährt sich neben Pilzen, abgestorbenen Pflanzenteilen, Moos, Flechten und gelegentlich räuberisch von anderen Schnecken und deren Gelege. Liest man hingegen einige Blogs und Gartenratgeber im Internet bekommt man den Eindruck der Schnegel würde von nichts anderem als der spanischen Wegschnecke und ihrem Gelege leben. Ich hingegen habe nach meiner ausführlichen Recherche über das Leben des Tigerschnegels den Eindruck gewonnen, dass er sich zwar ab und zu auch mal ein Schneckchen gönnt, aber nicht zu den gefräßigtsten Schneckenräubern im Garten gehört. Er frisst auch frisches Grünzeug, bestimmte Zierpflanzen und Wurzeln. Allerdings tritt er durch sein geringes Vorkommen und seine Vorliebe für Pilziges und Totes im Freiland nicht als Nutzpflanzenschädling auf. Eher hält er unseren Garten sauber und düngt den Boden durch die Verwertung von totem organischen Material. Kot soll er ebenfalls fressen. Also doch nicht die große Schneckenerlösung?
Fazit
Sein Aussehen, sein Sinn für Sauberkeit und die Tatsache, das er ab und zu eine Wegschnecke und ihre Eier verspeist, machen ihn für mich zu einem sympathischen Untermieter im Garten. Bei meinem letzten Rundgang konnte ich 15 Schnegel verteilt durch den ganzen Garten beobachten. Im Verhältnis waren es bestimmt mehr als 100 Wegschnecken. Auch in meinem Beet tummelten sich zwei Tigerschnegel. Dabei krochen Wegschnecke und Schnegel friedlich nebeneinander.
Habt ihr auch Tigerschnegel in eurem Garten bzw. konntet ihr schon beobachten, wie einer Schnecken jagt oder verspeist? Das würde mich wirklich interessieren! Lasst gern einen Kommentar hier 🙂
hallo liebe laura,
recht herzlichen dank für diesen beitrag, er trifft den tigerschnegel, seine lebensweise und sein wirken im garten ziemlich gut.
ich bin – als züchterin und händlerin des nützlings tigerschnegel – ständig mit den überhöhten erwartungen meiner kunden konfronntiert, die ich mittlerweile automatisch mit folgendem text zurechtzurücken versuche:
trotz ausführlicher informationen auf meiner homepage stelle ich immer mal wieder fest, dass der tigerschnegel für eine reine raubschnecke gehalten wird. deshalb nachfolgend noch ein paar worte zur ökologischen bedeutung dieser nutzschnecke:
tigerschnegel zählen wie z.b. der igel, die kröte, die eidechse, die blindschleiche, einige käfer wie der schwarze moderkäfer, zu den natürlichen feinden der schädlichen wegschnecken.
sie jagen jedoch nicht gezielt andere nacktschnecken, um sie zu töten und aufzufressen!
tigerschnegel ernähren sich hauptsächlich von pilzen, algenbelägen, sich zersetzendem pflanzenmaterial, kot und aas, räubern aber auch gelege anderer nacktschnecken aus – was sie alles in allem nützlich macht.
tigerschnegel sind also nicht die von so manchem geplagten gartenliebhaber erhoffte wunderwaffe im kampf gegen die schädliche wegschnecke, aber:
sie sind so elegante wie interessante alliierte in diesem kampf!
mit freundlichen grüßen aus der mark brandenburg,
cornelia schneider